Der Bildungsdialog für Deutschland auf einen Blick
Der Bildungsdialog für Deutschland auf einen Blick
Ein Bildungsdialog für Deutschland
Bildung ist Deutschlands größtes Gut
Zu diesem Schatz tragen täglich Millionen von Menschen bei: Pädagogische Fachkräfte aus allen Bildungsbereichen wie Lehrkräfte, Erzieher:innen, Eltern, Menschen in Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Verbänden, Gewerkschaften, Stiftungen und Bildungsinitiativen. Sie alle machen die Stärke des Bildungssystems aus und eröffnen jungen Menschen damit die Chance, ihren Bildungsprozess, die Gesellschaft und ihre wie auch unsere Zukunft aktiv mitzugestalten. Gute Bildung trägt zur Stärke unseres Wirtschaftsstandorts und zu gesellschaftlichem Zusammenhalt bei.
Die Bildungssysteme in Deutschland stehen gleichzeitig vor drängenden Herausforderungen, auf die wir Antworten brauchen. Die Herausforderungen sind in der Regel verwoben. Sie lassen sich nicht unabhängig voneinander lösen – weder innerhalb der Grenzen von Fachressorts noch allein durch Politik, Verwaltung, die Praxis oder Zivilgesellschaft. Politik und Verwaltung sind auf das Mitwirken vor Ort angewiesen, Praxis und Zivilgesellschaft auf politische Steuerung.
Vom Bildungsgipfel zum Bildungsdialog
Im Jahr 2023 hat die zivilgesellschaftliche Initiative #NeustartBildungJetzt in einem Appell angesichts der großen Herausforderungen des Bildungssystems einen Nationalen Bildungsgipfel gefordert.
Diesem Appell haben sich 130 Verbände und Organisationen der Zivilgesellschaft angeschlossen, darunter Bildungs-, Wohlfahrts-, Erziehungshilfe- und Elternverbände, Gewerkschaften und Fachkräfteverbände, Stiftungen und Bildungsinitiativen.
Im Kreis der Initiator:innen und Unterstützer:innen war schnell klar: Dem Appell müssen konkrete Vorschläge folgen. Eine Arbeitsgruppe aus 30 Organisationen entwickelte daher die Idee des Gipfels konzeptionell weiter. Das Ergebnis: Die Idee des Bildungsgipfels wird mit einem längerfristig und partnerschaftlich angelegten Dialogprozess verknüpft, dem Bildungsdialog für Deutschland.
Bildungsverantwortung als gesamtgesellschaftliche Verantwortung
Um die Herausforderungen des Bildungssystems in Deutschland gemeinsam zu bewältigen, schlagen wir den Bildungsdialog für Deutschland vor. Die damit verbundene Zusammenarbeit der Länder untereinander sowie mit dem Bund, den Kommunen, der Zivilgesellschaft, der Bildungspraxis und mit jungen Menschen, die sich im Bildungssystem befinden, ermöglicht – unter Einbeziehung der Wissenschaft – langfristige Lösungen für das Bildungssystem. Denn die komplexen Herausforderungen, die Bildungschancen zunehmend ungleicher machen und Demokratie gefährden, brauchen integrative Lösungsansätze. Dafür ist es notwendig, jetzt über alle Ebenen und Ressorts hinweg zusammen zu handeln. Denn Lösungen für die drängenden Fragen, wie wir Bildung nachhaltig auf sichere, zukunftsfeste Füße stellen, gelingen nur gemeinsam. Ein solches Format gibt es bisher nicht.
Mit dem Vorschlag sendet die Zivilgesellschaft ein konstruktives Signal: Wir sind bereit, unseren Beitrag für die Zukunft unseres Bildungssystems zu leisten. Wir sehen Bildung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. Gemeinsam entwickeln wir die notwendige Kraft und Dynamik. Unser Vorschlag konzentriert sich bewusst auf einen Prozess und trifft keine inhaltlichen Entscheidungen. Welche Handlungsfelder im Rahmen eines Dialogprozesses bearbeitet werden, entscheiden die Beteiligten gemeinsam. Wir empfehlen, dass Handlungsfelder gewählt werden, die ein ressort- und ebenenübergreifendes Handeln sowie eine bundeslandübergreifende Abstimmung erfordern, und sich zunächst auf frühkindliche und allgemeine Bildung beziehen.
Zum Prozess gehört aus unserer Sicht, dass sich alle Akteure auf gemeinsame Ziele verständigen und festlegen, welchen Beitrag sie jeweils zur Erreichung der Ziele leisten. Diese Ziele sollten dem Querschnittscharakter der Herausforderungen entsprechen und so angelegt sein, dass sie über Legislaturperioden hinweg wirken.
Der Bildungsdialog setzt auf kooperative Ansätze über die Grenzen von Ressorts und Ebenen hinweg. So finden wir ganzheitliche Antworten auf komplexe Herausforderungen und legen Hand in Hand und auf Augenhöhe einen Grundstein für nachhaltige Veränderungen im Bildungssystem.
Durch Beiträge aller Beteiligten wollen wir die Potenziale unseres Bildungssystems ausbauen und besser ausschöpfen. So können zum Beispiel Organisationen der Zivilgesellschaft mit eigenen Aktivitäten auf gemeinsam im Rahmen des Bildungsdialogs verabredete Ziele mit einzahlen.
Mit einem Bildungsdialog für Deutschland wird die Bedeutung der Politikfelder Kinder, Jugend und Bildung gesteigert. Davon profitieren zuallererst die jungen Menschen, die ein Recht auf gute Bildung und ein gutes Aufwachsen haben. Aber auch die pädagogischen Fachkräfte, Eltern, Kinder-, Jugend- und Bildungspolitik und Bildungsverwaltung werden gestärkt. Der Fokus des Dialogprozesses liegt darauf, die existierenden Strukturen durch eine größere Kohärenz untereinander und in der Zusammenarbeit mit Praxis und Zivilgesellschaft zu stärken und gemeinsam den Raum zu schaffen, auch neue Wege einzuschlagen.
Mit dem Bildungsdialog setzen wir in Zeiten der Polarisierung ein bewusstes Zeichen für ein Miteinander von Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Praxis. Wir möchten neue Formate aufzeigen, die Teilhabe und Gemeinsinn fördern. So stärken wir auch die Demokratie in unserem Land.
Hohe Wirkung durch Initiative der Länder
Die Hauptverantwortung für die Bildungspolitik liegt bei den Bundesländern. Wir schlagen daher die Initiierung und Steuerung des Dialogprozesses durch die Länder vor. Die weiteren politischen Ebenen – die zuständigen Ressorts der Bundesregierung und die Kommunen – sowie die Zivilgesellschaft, Bildungswissenschaft und Bildungspraxis sind von Anfang an auf Augenhöhe in den Prozess einbezogen. Der Dialogprozess sollte von den zuständigen Fachministerkonferenzen – der Kultusministerkonferenz sowie der Jugend- und Familienministerkonferenz – gemeinsam gesteuert werden.
Der Startschuss könnte von einer gemeinsamen Sitzung der Kultusministerkonferenz mit der Jugend- und Familienministerkonferenz ausgehen. Alternativ würde die Initiierung durch die Ministerpräsidentenkonferenz dem Dialogprozess zusätzliches politisches Gewicht geben und weitere für Bildung und Jugend relevante Ressorts wie Finanzen, Arbeit und Wirtschaft sowie Aspekte wie Demokratieförderung umfassen. Dies würde außerdem die Bedeutung von Bildung für die Gesellschaft, die Volkswirtschaft und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit betonen. Bei beiden Optionen verbleibt die Steuerung bei den Fachministerkonferenzen.
Dialogsteuerung für wirksame Ergebnisse
Eine wirksame Dialogsteuerung benötigt eine Unterstützungsstruktur: Eine Möglichkeit ist die Einrichtung einer eigenständigen Geschäftsstelle, die den Gesamtprozess und die thematische Arbeit koordiniert. Sie wird von Politik und Zivilgesellschaft gemeinsam getragen und ermöglicht so breite gesellschaftliche Partizipation.
Alternativ könnte eine neue ressortübergreifende Stabsstelle der Kultusministerkonferenz und Jugend- und Familienministerkonferenz den Prozess steuern. Beide Varianten gewährleisten, dass diese unabhängig von der Logik von Legislaturperioden agieren und Kontinuität sicherstellen.
Die Geschäftsstelle beziehungsweise die Stabsstelle koordiniert den Gesamtprozess und die thematische Arbeit, ermöglicht breite gesellschaftliche Partizipation, stellt die wissenschaftliche Begleitung auch mit Blick auf die verschiedenen Bildungsbereiche sicher, bereitet politische Entscheidungen vor und begleitet den Umsetzungsprozess beschlossener Maßnahmen.
Kinder und Jugendliche müssen den Prozess selbst mitgestalten können. Über entsprechende Methoden kann ihre Partizipation niedrigschwellig gesichert werden. Zudem empfehlen wir für beide Alternativen – bei einer Geschäfts- wie einer Stabsstelle -, zivilgesellschaftliche Akteure und die Bildungspraxis zum Beispiel durch einen Dialogbeirat einzubeziehen.
Fachforen erarbeiten konkrete Vorschläge
Wir empfehlen, Fachforen zu gemeinsam definierten Handlungsfeldern einzurichten. Sie dienen der Koordinierung über die Ebenen und Fachressorts hinweg. Die Fachforen können Bildungsbereiche übergreifende Themen auch integriert bearbeiten (zum Beispiel Qualität, Sozialraum, Durchlässigkeit, Fachkräfte). Sie bringen ihre Arbeitsergebnisse in Spitzentreffen ein. Die Zahl und die jeweilige Größe der Fachforen sollten mit Blick auf Handhabbarkeit und Arbeitsfähigkeit begrenzt sein.
Die Zusammensetzung der Fachforen variiert dabei abhängig vom jeweiligen Handlungsfeld. Grundsätzlich sollten Vertreter:innen aller Akteure beteiligt und Fachforen beispielsweise mit Politik, Kommunen, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Verbänden, Gewerkschaften und Bildungseinrichtungen besetzt sein. Eine Beteiligung der Wissenschaft in den Fachforen wird sichergestellt.
Partizipation als Chance
Die Themen der Fachforen werden darüber hinaus durch geeignete partizipative Formate begleitet. Diese können vor Ort in Kommunen oder digital stattfinden. Mit zielgruppengerechten Formaten können unterschiedliche Akteure und Gruppen ihre Ideen konstruktiv einbringen und Gehör finden. So können auch Bedarfe berücksichtigt werden, die oftmals unberücksichtigt bleiben. Die Potenziale digitaler Medien können auch genutzt werden, damit Bildungsakteure über eine Ideen-Plattform Vorschläge zu bestimmten Themen einreichen oder diese bewerten können; auch Online-Abstimmungen oder -Umfragen zu bestimmten Fragestellungen sind denkbar.
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein durchgängiges Prinzip des Bildungsdialogs. Die Beteiligung erfolgt dabei nicht „nebenbei“, sondern ist ein strukturelles Merkmal des ganzen Prozesses. Damit wirkt der Bildungsdialog demokratiefördernd, die Beteiligten entwickeln Akzeptanz und Identifikation und die gesamtgesellschaftliche Bedeutung guter Bildung für unser Land wird gestärkt. Bei der Entwicklung partizipativer Formate im Bildungsbereich kann auf die Erfahrungen vieler Bundesländer sowie im Ausland aufgebaut werden.
Umsetzung im Dialog
Der Titel – Bildungsdialog für Deutschland – macht das zentrale Vorgehen deutlich: Der gesamte Prozess ist dialogbasiert. Auf gemeinsamen Spitzentreffen werden die Ergebnisse der Fachforen zusammengetragen und gemeinsame Ziele verabredet. Wie die identifizierten Handlungsfelder entsprechen auch die Zielsetzungen dem Querschnittscharakter der Herausforderungen.
Alle Beteiligten legen dabei fest, welche Beiträge sie jeweils zur Erreichung der Ziele leisten. Auf folgenden Spitzentreffen wird die Umsetzung des Beschlossenen überprüft.
Wissenschaft unterschiedlicher Disziplinen wird in den gesamten Prozess einbezogen: im Hinblick auf den Einbezug partizipativer Prinzipien; wissenschaftliche Impulse und das Monitoring der Umsetzung zum Erreichen der gemeinsam verabredeten Ziele.
Der Dialogprozess wird in einem klar definierten Zeitraum durchgeführt, eine zeitliche Zielmarke wird gemeinsam gesetzt. Eine Verstetigung ist denkbar, wenn er von allen Seiten als hilfreich und zielführend erlebt wird.